Ministerbüro
Bayerischer Staatsminister des Inneren, für Sport und Integration
Herr Joachim Herrmann
Odeonsplatz 3, 80539 München
München, den 23.04.2020
Vorschlag zur Wiedereröffnung von Sportstätten und Boulderhallen
– unter Einbeziehung unserer Umfrage mit 4.000 Boulderbegeisterten –
Sehr geehrter Herr Staatsminister Joachim Herrmann,
die Sport- und Fitnessbranche leistete im Jahr 2019 mit ca. 5,51 Mrd. € Umsatz, rund 530.000 Beschäftigten und 11,7 Millionen aktiven Mitgliedern einen sehr wichtigen Beitrag für unsere Wirtschaft und Gesellschaft. Etwa 4,3 Millionen Deutsche trainieren laut einer Erhebung von Statista mehrmals wöchentlich.
Für das körperliche und geistige Wohlbefinden ist Sport für viele Menschen essenziell und ein Ersatzsport im Freien, wie das Joggen, scheidet für viele Menschen faktisch komplett aus. Hinderungsgründe können Allergien, Bewegungseinschränkungen, oder die Notwendigkeit definierter Reha-Maßnahmen sein. Oder auch einfach die Tatsache, dass man seinen Sport praktizieren möchte, um fit und gesund zu bleiben, sowohl körperlich als auch geistig. Derzeit ist dies nicht möglich, da alle Sportstätten komplett geschlossen sind.
Viele kleine Geschäfte und auch riesige Baumärkte durften unter Auflagen wiedereröffnen. Die meisten Sportstätten, wie etwa Boulderhallen, können ohne Weiteres dieselben oder ähnliche Auflagen erfüllen, ohne das Risiko einer Ansteckung zu vergrößern.
Wir fordern Sie deshalb auf, Sportstätten und somit auch Boulderhallen, in eine sofortige Planung zur Wiedereröffnung mitaufzunehmen und einen schrittweisen Exit-Plan auszuarbeiten.
Vor allem bei kontaktlosen Sportarten, wie dem Bouldern, sind die derzeit geltenden behördlichen Auflagen gut zu erfüllen und können bei Bedarf in einigen Bereichen darüber hinaus sogar verbessert werden.
Deshalb wollen wir ein Konzept vorstellen, das den aktuellen Hygiene- und Verhaltensrichtlinien entspricht, nicht auf einer beliebigen Grundflächenregelung basiert und zudem eine effizientere und damit sicherere Handhabung gewährleistet. Dieses Konzept kann als Schritt Eins für eine zeitnahe Wiederöffnung genutzt werden und fortlaufend angepasst werden, bis ein vollständiger Betrieb nach Eindämmung des Virus aufgenommen werden kann.
Nur durch eine schnelle Wiedereröffnung unter Hygieneauflagen kann die freie Marktwirtschaft erhalten bleiben und die Wirtschaft vor langanhaltenden Schäden geschützt werden. Das Recht auf Chancengleichheit muss auch in einer Krise gewahrt werden.
Wir unterscheiden dazu im nachfolgenden Konzept „Vorschlag zur Wiedereröffnung von Sportstätten und Boulderhallen“ drei Punkte:
- Bereits bestehende, feste Maßnahmen im Boulderhallen-Alltag (bereits vor Corona)
- Aktuell angeordnete Corona-Maßnahmen zur Wiedereröffnung in der Anwendung
- Weiterführende Kompensationsmaßnahmen
Um die Akzeptanz unserer Maßnahmen bei den Sportlern zu validieren, haben wir die wesentlichen Lösungsvorschläge in einer Umfrage unter unserer Boulder-Community überprüft. Über 4.000 Boulderer haben daran teilgenommen. Wir haben nachfolgend nur Vorschläge verwendet, die die explizite mehrheitliche Zustimmung der Sportler fanden und somit von diesen sehr sicher akzeptiert und umgesetzt werden.
Für die gewählten Lösungsvorschläge nutzen wir exemplarisch die Boulderhalle „Boulderwelt München Ost“ im neuen Plaza-Gebäude im Werksviertel München am Ostbahnhof, mit einer Gesamtfläche von 3.000 Quadratmetern über drei Etagen.
Was ist Bouldern?
Bouldern ist das Klettern ohne Gurt und Seil in einer sicheren Absprunghöhe über Weichbodenmatten. Dabei sind die kurzen Kletterouten, die „Boulder“, komplexe Bewegungsrätsel, die den gesamten Körper und den Geist beanspruchen.
Das Lösen von sportlichen Herausforderungen bereitet großen Spaß und daher erfreut sich die Individualsportart eines massiven Wachstums und wir gehen derzeit von über 1.000.000 Boulder-Begeisterten in Deutschland aus.
Bouldern wird als dritte Teilsportart des Kletterns 2021 erstmalig auch olympisch und wird dadurch weiter an Bekanntheit und Einfluss gewinnen.
Wer ist die Boulderwelt?
Wir sind ein engagiertes, inhabergeführtes Unternehmen mit über 500 Mitarbeitern an fünf (bald sechs) Standorten in Deutschland, allein vier davon in Bayern mit über 10.000 Quadratmetern Sportfläche.
Seit der Gründung 2010 sind wir im Rahmen unserer Expansion immer wieder große wirtschaftliche Risiken eingegangen, um Menschen in verschiedenen Städten der Bundesrepublik den Sport Bouldern näherzubringen.
Bouldern ist für jede Altersgruppe, jedes Geschlecht, jede Gewichtsklasse und auch Menschen mit Behinderung möglich und bereichernd.
Konzeptvorschlag “Wiedereröffnung von Sportstätten und Boulderhallen”
1. Feste Hygiene Maßnahmen im Sporthallen-Alltag in der Boulderwelt
- Tägliche professionelle Reinigung aller Bereiche der Einrichtung, inklusive Türklinken, Armaturen, Schalttableaus und ähnliches.
- Regelmäßiges, zum Teil automatisiertes Lüften durch Fenster, Dachluken, Türen und Rolltor
- Hygienehinweise für Kunden in den Umkleiden, den Toiletten und der Halle und proaktive Aufklärung über zusätzliche Kommunikationskanäle wie Webseite, Newsletter und Social Media. Darin enthalten sind unter anderem Hinweise zum richtigen Händewaschen, zur korrekten Nies- und Hust-Etikette, bis hin zum Barfußverbot in den Sporthallen.
- Erfüllung aller behördlichen Auflagen für den Betrieb einer Sportstätte mit Bistrobetrieb, siehe Richtlinien der Gaststättenkonzession.
- Regelmäßige Mitarbeiterschulung anhand von Hygieneleitfaden und die Kontrolle der Einhaltung anhand von Dokumentationspflichten. Die Schulung beinhaltet unter anderem richtiges Händewaschen, Reinigung und Desinfektion unterschiedlicher Oberflächen und Anwendung der Spender für Handdesinfektion im Mitarbeiterbereich.
- Servicekräfte sind speziell dafür eingestellt auf der Sportfläche Kundenfragen und -probleme zu beantworten und die Einhaltung der Regeln durchzusetzen.
2. Aktuell angeordnete Corona-Maßnahmen
Die Erlaubnis, die Wiederöffnung von Geschäften oder Betrieben an eine bestimmte Quadratmeterzahl zu koppeln, erscheint nicht haltbar und nicht sinnvoll. Viel eher sollte die Erlaubnis an das Vorlegen eines entsprechenden Hygienekonzepts und deren Umsetzung geknüpft sein.
Von den derzeit kommunizierten Anforderungen leiten wir für Sportbetriebe, insbesondere für uns als Boulderhalle, folgendes ab. Die Umsetzung kann ab sofort erfolgen.
Einhalten der Abstandsregelung von 1,5 Metern
- Im Eingangsbereich wird dies durch nummerierte Bodenmarkierungen erreicht.
- Kundenwege im Ein- und Ausgangsbereich können als Einbahnstraßen umfunktioniert werden.
- Im Sportbereich, der Boulderhalle, sind einzelne Sektoren und Wartebereiche für jeweils eine Person durch Bodenmarkierungen abgetrennt.
- Die Sport- und Wartebereiche sind weitläufig genug, so dass der Mindestabstand einfach eingehalten werden kann.
Obergrenze von einer bestimmten Personenzahl pro Quadratmeter
- Durch die elektronische Erfassung beim Check-in und Check-out ist eine Maximalmenge an Personen pro Quadratmeter Grundfläche einfach zu kontrollieren.
- Innerhalb der Sportstätte erlaubt die Kennzeichnung der Sektoren auf den Matten und im Wartebereich eine sofortige Sichtprüfung durch unser ausgebildetes Personal.
Tragen von Community-Masken
- Sollte eine übergreifende Maskenpflicht für alle öffentlich-zugänglichen Betriebe kommen, können wir diese umsetzen.
- Mitarbeitern können für jede Schicht frische Masken zur Verfügung gestellt werden.
- Das Tragen von Masken während des Sports ist von den Sportlern zwar nicht präferiert, jedoch akzeptiert, wenn notwendig.
- Ein Verkauf von Masken in der Halle vor Ort kann gewährleistet werden.
- Die Kontrolle der Umsetzung kann von Betreiberseite konstant garantiert werden.
Installation von Hygieneschutz Maßnahmen an Servicepunkten
- Umsetzung von Hygieneschutzwänden analog dem Einzelhandel.
- Einsetzen und Bereitstellung von Desinfektionsmittel in allen Bereichen.
3. Weiterführende Kompensationsmaßnahmen
Im Folgenden sind einige Vorschläge aufgeführt, die additiv oder ersatzweise zu den bestehenden Maßnahmen umgesetzt werden können.
Effiziente Steuerung der Besucher vor der Anreise
- Lange Wartezeiten und Schlangenbildung sind aus Schutzgründen zu vermeiden. Die effizienteste Maßnahme dagegen ist die proaktive Echtzeit-Kommunikation der aktuellen Besucheranzahl in der Sportstätte und im Wartebereich. So kann der Kunde im Vorfeld eines Besuches über die Webseite eine qualifizierte Entscheidung treffen, ob das Aufsuchen der Sportstätte aktuell sinnvoll und möglich ist.
- Auf der Website der Boulderwelt gibt es bereits heute die sogenannte „Ampel“, welche die aktuelle Auslastung erkennen lässt. Diese wird automatisch über die Eintritte in Echtzeit aktualisiert. Hier ein Beispiel (Klick für mehr Infos):
- Dazu käme die aktuelle Zahl der Wartenden. Diese kann durch eine Nummerierung der Bodenmarkierungen im Eingangsbereich einfach ermittelt und online aktualisiert werden.
Verpflichtende Handdesinfektion im Eingangsbereich für alle Kunden
- Obwohl korrektes Händewaschen ausreichen würde und dafür genügende Waschmöglichkeiten inklusive Einmalhandtücher zur Verfügung stehen, können wir durch eine verpflichtende Handdesinfektion am Eingang die Eindämmung möglicher Viren besser steuern und kontrollieren.
- In unserer Umfrage haben 85% der Sportler für diese Maßnahme positiv gestimmt.
Reduzierung der Aufenthaltsdauer bei einer verringerten Anzahl von Sportlern in der Halle
- Die jeweilige Trainingszeit könnte auf eine maximale Dauer von zum Beispiel 2,5 Stunden pro Person und Tag limitiert werden. Dies sorgt für eine signifikante Entzerrung über den Tagesverlauf.
- 97% unserer Sportler wären damit einverstanden. Es gilt als soziales und solidarisches Verhalten gegenüber den Mitsportlern.
- Zusätzlich wären verlängerte Öffnungszeiten möglich, um den Kundenverkehr noch mehr zu entzerren.
Speziell in Boulderhallen kann die Verwendung des sogenannten „Liquid Chalks“ ausgebaut werden.
- Beim Bouldern verwendet man für die Hände Magnesiumcarbonat (auch Chalk genannt), dem aufgrund des hohen PH-Wertes von über 10 eine antivirale Wirkung zugeschrieben wird.
- Alternativ zu der losen Chalk Form, könnte man ausschließlich spezielles Liquid Chalk erlauben, das durch den Zusatz von Alkohol an sich desinfizierend wirkt.
Kontaktloses Einchecken und Bezahlen
- Für Jahresmitglieder existiert ein Selbst-Checkin, der eine Schlangenbildung vermeidet und den Kontakt zu Mitarbeitern minimiert.
- An der Kasse kann kontaktlos per Karte bezahlt werden.
Dies war ein Auszug aus unserem Maßnahmenrepertoire. Dieser ist dem aktuellen Stand angepasst und kann jederzeit, bei neuen Erkenntnissen der Wissenschaft, weiterentwickelt werden.
Wir würden gerne mit Ihnen in den Dialog treten, um proaktiv an Lösungen zu arbeiten, die sehr zeitnah umgesetzt werden können, um eine Wiedereröffnung ohne Risiko zu ermöglichen. Bitte nehmen Sie Kontakt mit uns auf!
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Boulderwelt Team und deren Geschäftsführung